Ein Erbe aus der florierenden Zeit der Bäderkultur

Die «Büvetta Tarasp» bei Scuol ist ein architektonisches Wahrzeichen aus der Zeit des Bädertourismus Ende des 19. Jahrhunderts. Heute ist die Trinkhalle wegen Felssturzgefahr geschlossen. Der Verein «Pro Büvetta Tarasp» setzt sich für den Erhalt des historischen Baus ein.

«Sie müssten mir noch diese Einverständniserklärung unterschreiben, damit sie uns nicht verklagen, falls ihnen ein Stück Holz auf den Kopf fällt», witzelt Christof Rösch, Vorstandsmitglied des Vereins «Pro Büvetta Tarasp». Ohne Erlaubnis des Vorstands ist das Betreten des Areals seit 2006 streng verboten. Die «Büvetta Tarasp» bei Scuol direkt am Inn ist die Trinkhalle der ehemaligen Kuranlage «Bad Tarasp». Realisiert hat sie der Glarner Architekt Bernard Simon im Jahr 1875. Sie ist eine der bedeutendsten historischen Bauten in Graubünden und gilt unter den Architekturliebhabern als ein Meisterwerk. Das Gebäude ist heute aber in einem desolaten Zustand. Der Verein «Pro Büvetta Tarasp» will das ändern und setzt sich seit 2009 für den Erhalt des historischen Erbes ein. Doch der Prozess gestaltet sich schwierig. «Am meisten Sorgen bereitet uns der Fels hinter dem Gebäude. Dieser ist in Bewegung und droht sich zu lösen», sagt Rösch. Ohne die Felssanierung können die Arbeiten am Gebäude nicht beginnen. Wer die Kosten für diese Sanierung übernimmt, ist nach wie vor unklar.

Die wichtigsten Jahreszahlen

  • 1875 Bau der Trinkhalle «Büvetta Tarasp»
  • 2006 Schliessung der Trinkhalle wegen drohendem Felssturz
  • 2009 Gründung des Vereins «Pro Büvetta Tarasp»

Quelle von Bonifacius, Lucius und Emerita

Nicht nur architektonisch ist die «Büvetta Tarasp» eine Besonderheit. Direkt unter der Trinkhalle sprudeln die zwei Mineralquellen «Lucius» und «Emerita». Die «Bonifacius»-Quelle wird von drei Kilometern entfernt in das Gebäude zugeführt. «‹Lucius› und ‹Emerita› sind die zwei reichhaltigsten Mineralquellen im Unterengadin», erzählt Rösch. «Die ‹Lucius›-Quelle gilt sogar als die reichhaltigste in Europa». Dank des «Unterengadiner Fensters», einer tektonischen Besonderheit, sprudeln in der Gegend Scuol-Tarasp über 20 Quellen aus dem Felsen. Für die drei Hauptquellen wurden in der «Büvetta Tarasp» in einem monumentalen Rundbau drei Altare auf Marmorsockeln gebaut. Die Quellen speisen das mineralhaltige Wasser heute noch in die Trinkhalle. «Auf ihrem Rundgang kamen die Gäste vom Kurhaus hierher und tranken vom Quellwasser. Eine Kur, die ihnen damals vom Arzt verschrieben wurde», sagt Rösch. In einer langgestreckten Wandelhalle gleich im Anschluss an die drei Quellen befinden sich die Überreste der bergseitig angeordneten Verkaufsläden. Teilweise durchlöchert von kleineren Felsbrocken.

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Ein ambitionierter Zeitplan

Dass das Gebäude gerettet werden soll, darüber herrscht auch im Gemeinderat von Scuol und in Fachkreisen ein klarer Konsens. «Wenn Fachleute die Büvetta sehen, ist ihre erste Reaktion immer: Warum seid ihr noch kein UNESCO-Weltkulturerbe?», sagt Rösch. «Aber so weit sind wir noch nicht. Fürs Erste müssen wir die Umgebung des Gebäudes sichern». Dafür ist der Zeitplan des Vereins ambitioniert. Damit das historische Gebäude wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, muss der Fels oberhalb der Trinkhalle gesichert werden. «Das hat uns in den letzten Jahren immer ausgebremst. Ohne Felssicherung gibt es kein Weiterkommen», sagt Rösch. Erst danach könnte der Umbau und die Renovation des Gebäudes starten. Investoren dafür gibt es aber noch nicht. Trotzdem möchte man am Zeitplan festhalten: «2025 ist das 150-jährige Jubiläum der ‹Büvetta›. Unser Wunsch wäre es, bis dann das Gebäude wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen», sagt Rösch.

Text und Bilder: Lukas Ziegler

Paru en septembre 2022

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Der Verein «Pro Büvetta Tarasp» setzt sich für den Erhalt und die Nutzung des historischen Gebäudes ein.
Verein «Pro Büvetta Tarasp»
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